Erfahrungsbericht von Max Kahlhöfer


Ziel des einwöchigen Praktikums am FZJ war in erster Linie, uns Schülern auf dem zweiten Bildungsweg einen Einblick in das Arbeiten in der Forschung zu gewähren, um in uns ggf. den Wunsch zu wecken oder uns zumindest darin zu bestärken, diesen Weg als anstrebenswerte Alternative für den zweiten Bildungsweg wahrzunehmen. Dieses Ziel wurde erreicht und ich bin sehr froh, dass ich an diesem Praktikum teilnehmen durfte. Vor dem Praktikum sollten wir uns darüber informieren, welche Fachbereiche und welche der damit verbundenen Institute für uns als Praktikumsplatz interessant sein könnten und da wir bis zum Tag der Anreise nicht genau wussten ob wir den Platz in unserem Wunschinstitut bekommen würden, war ich sehr zufrieden, zu erfahren, dass ich den meiner Meinung nach besten und interessantesten Platz, im Institut für Kernphysik, bekommen hatte.


Warum wollte ich zum Institut für Kernphysik?

Die Kernphysik ist eine, wenn nicht die elementarste Disziplin der Grundlagenforschung und hat in den vergangenen 50 Jahren viele wissenschaftliche Entdeckungen und Erkenntnisse hervorgebracht, die einen immensen Einfluss auf unser alltägliches Leben, wie wir es heute kennen, haben. Natürlich sind die Früchte der Grundlagenforschung nicht so schnell zu ernten wie in manch anderen Bereichen der Forschung, allerdings soll „Gut Ding“ ja bekanntlich „Weile haben“ wollen und manchmal braucht die Welt erst einmal zehn Jahre, um zu verstehen welche Erkenntnisse aus der Kernphysik für welchen praktischen Anwendungskontext zu gebrauchen sind. Beispiele dafür sind die Magnetresonanztomographie in der Medizin oder die Kernspaltung und in hoffentlich nicht all zu ferner Zukunft, die Kernfusion. Abgesehen davon ist die Kernphysik neben der Astrophysik der einzige Bereich der Wissenschaft, welcher versucht, immer weiter und noch genauer hinzusehen, um unsere Welt und alles, was unsere Existenz ausmacht, besser zu verstehen.
Mit diesen Gedanken bin ich in die Woche gestartet und meine Erwartungen wurden mehr als erfüllt.

Alltag im Labor

In den ersten drei Tagen habe ich viel Zeit mit dem studentischen Assistenten Gerrit Farren im Labor verbracht und bin somit quasi direkt ins „kalte Wasser“ geworfen worden, was zuerst recht ernüchternd auf mich wirkte, da ich mir vorher nie Gedanken darüber gemacht hatte, wie lange eine einzige Messreihe dauern kann und wie viel man dabei falsch machen kann. Nur weil etwas in der Theorie möglich ist, heißt das nicht, dass es praktisch einfach so umzusetzen ist. Ziel des Experimentes war: „Herauszufinden, wie die Umladung von Protonen in den 2s Zustand sich verhält in Abhängigkeit von der Beschleunigung“. Um das Experiment in seinem vollen Umfang zu verstehen, ist ein Studium der Physik wohl unausweichlich, von daher war ich nicht enttäuscht nicht alles verstanden zu haben. Auf der anderen Seite konnte ich mit meinem bescheidenen Schulwissen und ein bisschen kreativem Denken mehr anfangen als ich erwartet hätte.
Lektion Nr. 1: Man braucht viel Geduld und eine hohe Frusttoleranz


Keine Langeweile

Auch wenn ich die ersten Tage viel Zeit im Labor verbracht habe, wurde es nie langweilig, da es immer wieder Momente gab, die den Alltagstrott durchbrechen konnten, sei es ein unvorhergesehenes Messergebnis oder eine kurzfristig zwischengeschobene „Privat-Unterrichtsstunde“ zum Thema Kernfusion, Kernspin, der Standardmodell von Leuten aus dem Institut wie z.B. Dr. Ralf Engels. Jeden Morgen gegen neun Uhr habe ich mich mit meinem Betreuer Dr. Raimund Tölle über die anstehende Tagesplanung unterhalten und auch viel über seine administrativen Aufgaben erfahren, wie z.B. die logistische Schwierigkeit, Bauteile eines Teilchenbeschleunigers mit einem Gewicht von über 30 Tonnen von A nach B zu transportieren oder was man beachten muss bei der Vergabe von Aufträgen zum Bau verschiedener Teile.

Teilchenbeschleuniger und COSY

Da der Teilchenbeschleuniger COSY (Cooler Synchrotron) aufgrund des Dauerbetriebes erst am Freitag zur Besichtigung zugänglich war, habe ich von Herr Tölle am Donnerstag als kleinen Trost eine sehr interessante Rundführung durch die „Werkstatt“ für einen Teilchenbeschleuniger für ein Institut in Darmstadt bekommen, mit dessen Bau das IKP in Jülich zurzeit beschäftigt ist.Den Rest des Tages gab es noch einmal eine ausführliche Theorieeinheit zur Funktionsweise von Teilchenbeschleunigern und ich durfte sogar ausrechnen, wie hoch die relativistische Geschwindigkeit der Protonen in COSY ist. Erstaunlicherweise lag der tatsächliche Wert, den wir nach meiner Berechnung im Steuerraum abgelesen haben sehr, sehr nah bei dem theoretischen Wert, was mir ein weiteres Mal vor Augen geführt hat, wie genau in der Kernphysik gearbeitet wird. Was genau man mit Teilchenbeschleunigern macht, hat einer der Kollegen im Institut sehr vereinfacht in etwa folgendermaßen formuliert: „Wir beschießen ein „Target“ mit Teilchen, schauen uns den Trümmerhaufen an und ziehen daraus Rückschlüsse auf das, was auf unterster subatomarer Ebene passiert.“

Die langersehnte Rundführung durch den Teilchenbeschleuniger COSY am Freitag mit der gesamten Prominat-Gruppe war für mich schließlich das Highlight der Woche, auch wenn ich zum Zeitpunkt der Führung eigentlich schon alles Wissenswerte über COSY wusste. Trotzdem war das Gefühl durch die kleinen Gänge des Betonmantels zu laufen, begleitet von dem Brummen und Summen aus allen Ecken unbeschreiblich.

Unterkunft und Abendgestaltung

Unsere Unterkunft war das Haus Overbach, von dem mit Sicherheit schon viele vorige Prominat-Teilnehmer geschwärmt haben. Nebenan war direkt das „Science-College“, auf dessen Dach wir am Mittwoch den Jupiter und seine vier Monde per Teleskop sehen konnten. Jeden Abend gab es im Gemeinschaftsraum des Hauses außerdem eine ca. einstündige Rekapitulation des Tages und der Erfahrungen der einzelnen Teilnehmer, sodass wir zusätzlich Einblicke in die anderen Institute bekommen konnten.

Fazit

Im Großen und Ganzen war es die Vielfalt in dem Praktikum, die mich so begeistert hat, da ich nicht damit gerechnet hätte, dass Forschung (in der Kernphysik) so vielschichtig sein kann. Hinzu kamen der sehr warmherzige Umgang der Kollegen im Institut untereinander und die hohe Hilfsbereitschaft. Wenn jemand ein Problem hatte, war sofort jemand zur Stelle, der sich wirklich darum bemüht hat, ihm zu helfen. Ich möchte mich daher noch mal bei allen bedanken, die dazu beigetragen haben, dieses Praktikum für mich zu so einer tollen Erfahrung gemacht zu haben.Wenn zwischen mir und den dort Arbeitenden nicht diese Wissenslücke existiert hätte, hätte ich mich natürlich noch viel wohler gefühlt, weil ich dann durch meine Mitarbeit vielleicht einen nennenswerten Beitrag zu den jeweiligen Forschungsgebieten hätte leisten können. Dennoch bin ich zuversichtlich, dass ich mir das nötige Wissen in meinem zukünftigen Studium aneignen und vielleicht im Rahmen eines weiteren Praktikums im FZJ anwenden können werde.