Erfahrungsbericht von Armin Goffin


Was ich mir im Vorfeld unter proMiNat vorstellen konnte, war eher spärlich. Umso mehr konnte ich mir nach der Woche Praktikum im Forschungszentrum darunter vorstellen. Am 22. Juni ging es los. „Eine Woche neuer Erfahrungen, neuer Menschen und neuer Herausforderungen lag vor mir“, ging mir durch den Kopf, während ich in der kleinen Bimmelbahn saß und die großen Bagger des Umweltsünders RWE am Horizont vorbeiziehen sah. Mein neugieriger Blick wanderte immer wieder durch das kleine Zugabteil, mit der Hoffnung schon jemanden erkennen zu können, der dasselbe Ziel für diesen Tag hat. „Nächster Halt Jülich Hauptbahnhof“. Ich nahm meinen Rucksack und stieg aus. Der kleine unscheinbare Bahnhof hielt nicht viele Versteckmöglichkeiten bereit und somit fand ich schnell Frau Haas und die anderen Teilnehmer. „Das erste Hindernis ist schon mal überwunden“, schoss durch meine Synapsen und ich lächelte, während wir auf die letzten Teilnehmer warteten, um uns anschließend auf den Weg zur Unterkunft zu machen.


In der Unterkunft angekommen, erkundeten wir zuerst die Umgebung und verbanden dies mit dem ersten „Kennenlernspiel“, bis wir an einen kleinen Biergarten ankamen, wo ein kühles Blondes mit meinem Namen schon auf mich wartete. „Hallo, das ist Armin [...]“, so wurde ich vorgestellt von meiner Spielpartnerin. Gegenseitiges Vorstellen und Kennenlernen - erfrischend. Nachdem das erste Eis gebrochen, das erste Bier getrunken war, machten wir uns auf den Weg zurück zu unserer Unterkunft, um die Zimmer zu beziehen und den Ablauf der folgenden Tage zu besprechen, bis es dann morgen – ähm Montag – ernst werden würde. Entkräftet fiel ich an diesem Abend nach vorhergehenden netten Gesprächen mit den anderen Teilnehmern ins Bett - gute Nacht. 07:00 Uhr - der Wecker erledigte seinen Job und ich öffnete noch etwas verschlafen meine Augen. Nach den morgendlichen Routinen ging es zum gemeinsamen Frühstück. „Guten Morgen, habt ihr gut geschlafen?“, fragte ich in die Runde, während ich mein Käsebrötchen genüsslich verspeiste. Nachdem der Hunger fürs Erste gestillt war, ging es los zu den Autos - am Tag zuvor bildeten wir Fahrgemeinschaften – und fuhren los zum Forschungszentrum. Der erste Eindruck? Besser gesichert als jede JVA. Am Eingang erhielten wir unsere ID-Karten für die Woche und fuhren geschlossen zum ersten Termin ins JuLab. Das JuLab ist ein Forschungslabor für Schulklassen und Kinder. Frühes Herantasten an die Forschung, schön umgesetzt. Dort angekommen, sammelten wir uns im Seminarraum im oberen Geschoss des Gebäudes zur Sicherheitsbelehrung - die üblichen Formalitäten. Nachdem das Sicherheitsbedürfnis jedes Einzelnen befriedigt wurde, fuhren wir in einem Bus über das Gelände und bekamen von einem Mitarbeiter des Forschungszentrums viele interessante Informationen zu den aktuellen Forschungsbereichen. Mittlerweile knurrten wieder die ersten Mägen. Es war kurz vor 12, was bedeutete, dass das Mittagessen schon auf uns wartete. Somit gingen wir ins Seecasino, um dort das erste von vielen folgenden leckeren Mittagessen zu uns zu nehmen. Für die Bezahlung der jeweiligen Mittagessen erhielten wir zuvor Essensmarken zur Abrechnung; ich kann jedem, der mal im Forschungszentrum unterwegs ist, einen Abstecher ins Seecasino empfehlen, es war jedes Mal sehr lecker! Nach dem Mittagessen wurden wir von unseren vorher zugewiesenen Betreuern abgeholt und ins Institut geführt. Mein Institut war das INM (Institut für Neurowissenschaften und Medizin) – genauer gesagt das INM-2, welches sich mit der molekularen Organisation des Gehirns beschäftigt. Vorweg, genauso spannend und Interessant es klingt, war es auch, aber dazu später mehr. Meine Betreuerin hieß Alex. Nach einem kurzen Gespräch zu unseren Personen, sowie einem kleinen Rundgang durch das Institut, ging es auch schon ins Labor und somit zur nächsten Herausforderung. Alex berichtete zuvor, dass das INM-2 mit Tierversuchen arbeitet. Dies war mir fremd und ehrlich gestanden, auch sehr suspekt. Als überzeugter Tierschützer musste ich erst einmal schlucken als ich damit konfrontiert wurde. Nichtsdestotrotz entschied ich mich erst einmal dafür, die Emotionen zu vergraben und mir von allem in den nächsten Tagen ein eigenes Bild zu machen. Im Labor angekommen, ging es dann auch schon los:
Auftrag: 20 koronale, 20 Nm dicke Schnittproben eines Gehirns schneiden und anschließendes Präparieren auf dem Objektträger.
Organspender: Ratte 1037 Das Gehirn stammte von einem Organspender - ob die Ratte im Vorfeld dafür unterschrieben oder beim Eintritt ihres Todes einen Organspendeausweis dabei hatte, bleibt unklar. Ich hatte einen Auftrag und begann somit, das tiefgefrorene Gehirn mit Hilfe einer Schneidemaschine in 20 Nm dünne, hauchzarte Proben zu zerlegen, auf einen Objektträger zu verfrachten, diese auf einer 37°C warmen Wärmeplatte aufzutauen und anschließend in einem Metallreck zu sammeln. Nachdem alle 20 Schnittproben im Metallreck eingelagert waren, folgte die Einlagerung in 4%ige Formalinlösung und wir gingen zurück ins Büro. Dort angekommen, erhielten wir Arbeitsmaterialien, welche uns auf die nächsten Tage vorbereiten sollten - Kleintier-Bildgebung PET/CT und Rezeptoren. Der erste Tag im Institut war geschafft. Zufrieden und lächelnd ging es zurück zur Unterkunft - Abendessen und anschließendes Gespräch in der Unterkunft. Der erste Forschungstag ging zu Ende.

Das kalte Wasser der Dusche regnete mir über den Rücken. Es war kurz nach 7 Uhr und so allmählich wurde ich wach. Ein neuer Tag, neue Herausforderungen, neue Aufgaben. Wie jeden Morgen frühstückten wir gemeinsam in der Unterkunft und machten uns dann wieder in unseren Fahrgemeinschaften auf den Weg in unsere Institute. „Guten Morgen Alex“, sagte ich beim Betreten des Instituts. „Guten Morgen, bist du bereit? Heute färben wir deine Schnittproben“, schallte es durch den Flur.
Auftrag:Nisselfärbung mit Kresylviolett der koronalen Schnittproben.
Wir gingen ins Labor. Dort erhielt ich eine kleinen Rundgang, um mich zurecht finden zu können und dann ging es auch schon los. Die Nisselfärbung ist die meist verwendete neurohistologische Färbemethode. Bei einer Nisselfärbung werden die Zellkörper der Neutronen, der Zellkern und die enthaltenen Nisselschollen – also die Spalten des Endoplasmatischen Retikulums – violett angefärbt. Die violett eingefärbten Bereiche stechen dann vor einem farblosen Hintergrund hervor. Für diesen Prozess benötigt es mehrere Schritte:

  1. Die Fixierung. Die Fixierung geschah schon am Vortag mit der Einlagerung der Schnittproben in 4%iger Formalinlösung.
  2. Die Wässerung. Bei der Wässerung werden die Schnittproben mit fließendem voll entsalztem Wasser (VE-Wasser) in einer Wanne gereinigt.
  3. Färbung. Nun kommt es zum wesentlichen Schritt des Auftrags - die Färbung der Schnitte durch eine kresyviolette Färbung. Um die Schnitte zu färben, werden diese für 15 Minuten auf ein Metallreck gestellt, dass sich wiederum in einer Wanne befindet, welche mit dem Farbstoff befüllt ist.
  4. Erneute Wässerung. Der nächste Schritt lautet wieder Wässern. Ein - bis zweimal das Reck vorsichtig ins Wasser eintauchen. Nun sind die Schnitte soweit eingefärbt. Damit diese allerdings so lange wie möglich genutzt werden können, kommt es nun zum Schritt 5.
  5. Erneute Wässerung. Der nächste Schritt lautet wieder Wässern. Ein - bis zweimal das Reck vorsichtig ins Wasser eintauchen. Nun sind die Schnitte soweit eingefärbt. Damit diese allerdings so lange wie möglich genutzt werden können, kommt es nun zum Schritt 5.
  6. Eindecken der Schnittproben. Beim Eindecken werden die Schnittproben mit einem speziellen Kleber eingestrichen und anschließend das Deckglas drauf angebracht. Mit diesem Schritt endete der Auftrag erfolgreich und ich konnte geschafft, aber auch zufrieden ins Seecasino zum Mittagessen gehen.
Nach dem Mittagessen ging es für mich zum INM & ICS Retreat 2019. Dieser Retreat ist ein jährliches Treffen der Mitarbeiter des INM und des ICS, auf dem sie sich gegenseitig ihre Forschungsergebnisse und aktuelle Forschungen vorstellen. Es gab einige sehr spannende, humorvoll präsentierte Vorträge, wie zum Beispiel der der Doktorandin G. Rossetti, dessen Titel „Computational Approaches to neuropharmacology“ lautete. Oder der Vortrag von D. Fedoso zum Thema „Intricate Carriers for Drug Delivery in the Blood Stream“. Dies waren nur zwei von vielen Vorträgen. Ich muss zugeben, ich verstand nicht alles, was an meinen befriedigenden Englischkenntnissen lag, aber das, was ich verstand, war ausgesprochen interessant. Nach einigen Vorträgen ging es dann auch wieder zurück in die Unterkunft zum Abendessen und anschließendem Gruppengespräch, womit der dritte Tag auch schon endete. An diesem Tag begann die erste Herausforderung mit dem ersten Weckerklingeln. Der Abend zuvor war etwas zu gesellig, sodass ich erst in den frühen Morgenstunden ins Bett kam, was ich direkt am Morgen zu spüren bekam. Nichtsdestotrotz hilft ja alles nichts - eine kalte Dusche, Frühstück und eine Zigarette. Da fühlt man sich doch wieder wie neu geboren. Im Institut angekommen, ging es weiter mit dem Retreat, dass bis in die Mittagsstunden dauerte. Es war ähnlich interessant wie am Tag zuvor, allerdings durch meine körperliche Verfassung zu der Zeit, um einiges anstrengender den Vorträgen zu folgen. Aber auch dies ging vorbei und nach dem Mittagessen hieß es wieder: Arbeiten im Labor.

Auftrag:Zuschauen bei der Rezeptorautoradiographie.
Bei einer Rezeptorautoradiographie werden die Rezeptoren in den einzelnen Hirnarealen der Cyrostatschnitte mit einem aktivierten und einem nicht aktivierten Transportmolekül, also einem Liganden, markiert. Aktiviert heißt hier, dass die Liganden mit Tritium verstrahlt wurden, was auch erklärt, warum ich nur zugucken durfte. Dieser ganze Prozess fand unter Gelblicht statt, da die [3H]- Liganden unter weißem Licht zu schnell zerfallen würden. Aber warum das Ganze? Ganz einfach: Durch diesen Prozess konnte man anschließend sehen, in welchen Hirnarealen wie viele Rezeptoren gebunden wurden und somit auch vorhanden sind. Mit diesem erfolgreichen Auftrag ging auch der vierte Tag des Praktikums im Institut zu Ende. Wie der Tag zu Ende ging, kann man sich an der Stelle wahrscheinlich schon denken. Der Nächste Tag bricht an. Ein Hahn kräht in der Entfernung und ja, es war der letzte Tag im Institut. Dieser Tag war für mich auch der emotionalste, was ich allerdings zu diesem Zeitpunkt noch nicht ahnte. Im Institut angekommen, traf ich direkt Alex, die uns zu einer Kollegin brachte. Dort erhielt ich die letzte Sicherheitsbelehrung - Strahlenschutz. Heute war der Tag, auf den die Woche hingearbeitet wurde. Ein Versuch, welcher zeigen sollte, ob ein bestimmtes Medikament seine Daseinsberechtigung erhält. Das Medikament soll schnellstmöglich Hirnentzündungen in den entsprechenden Bereichen heilen. Das Hauptproblem dabei ist das Durchqueren der Bluthirnschranke. Die Ergebnisse dieses Experiments sollten darüber Klarheit bringen. Auf Näheres gehe ich an diesem Punkt nicht mehr ein. Ich kann so viel sagen: Es war sehr interessant, dieses Experiment mitverfolgen zu können. Ebenso interessant wie auch emotional für mich. Nach dem Abschluss des Experimentes ging es für mich noch auf einen kurzen Besuch in das INM-1. Das INM-1 setzt sich mit der strukturellen und funktionellen Organisation des Gehirns auseinander. Dort angekommen, lernte ich die Neuropsychologin N. Bittner kennen und durfte an ihrem Vortrag „1000 Gehirne, der Alterungsprozess des Gehirns“ teilnehmen. Nach diesem sehr aufschlussreichen Vortrag begaben wir uns hinaus und unterhielten uns noch über ihren beruflichen Werdegang, meinen zukünftigen und alle Fragen, die ich dazu hatte. An dieser Stelle nochmals vielen Dank dafür! Auch dieser Tag im Institut endet damit. Am Abend grillten wir noch zusammen und ließen gemütlich den Tag mit vielen netten Gesprächen ausklingen. Es ist Freitag, der letzte Tag des Praktikums ist angebrochen. Frühstück, Zimmer aufräumen, Tasche packen und ab zum JuLab. Dort, wo unser erster Tag im Forschungszentrum begann, dort geht er auch zu Ende. Wir trafen uns wieder im Seminarraum mit unseren Institutsbetreuern, allen Teilnehmern, den Organisatoren von proMiNat – Frau Haas und Herr Schmidt, an dieser Stelle vielen Dank für ihr Engagement – und stellten uns gegenseitig die Erlebnisse der letzten Woche vor. Abschließend ging es nach Kaffee und Kuchen wieder zurück in den vertrauten Alltag. Mir hat die Woche proMiNat einige weitere Erfahrungen ermöglicht. Ich hatte die Möglichkeit, einen Blick in die Forschung zu werfen und interessante Menschen kennenzulernen. Meine Zukunftspläne sind seit dieser Woche noch gefestigter als zuvor. ProMiNat hat für mich nun ein Gesicht!