Erfahrungsbericht von Manuela Koslowski


Als ich die E-Mail mit der Zusage für das Schnupperpraktikum 2014 im Forschungszentrum Jülich (FZJ) erhalten habe, waren die Aufregung und die Freude riesengroß. Sehr erfreut war ich außerdem darüber, dass ich mit zwei weiteren Praktikanten für mein primäres Wunschinstitut, das Institut für Bio- und Geowissenschaften (IBG-1: Biotechnologie) eingeteilt worden bin. Da ich schon immer fasziniert von mikrobiologischen Prozessen war, aber auch mit dem Gedanken spielte, beruflich in den medizinischen Bereich zu gehen, erhoffte ich mir mit diesem Praktikum einen expliziten Einblick in den “Laboralltag” zu erhalten, um in der Ambivalenz meiner Berufstendenzen Klarheit zu erhalten.


Am Sonntag, den 22.06.2014, begann dann das Praktikum. Nach der Ankunft und einem ersten Kennenlernen der anderen Teilnehmer, sind wir dann zunächst zu unserer Unterkunft Haus Overbach gefahren. Bevor jedoch unsere Neugierde um das Innere der Einrichtung befriedigt werden konnte, sind wir gemeinsam zu einem Spaziergang “auf den Spuren der Biber”, entlang eines sog. Biberpfades aufgebrochen. Das Wetter war sonnig und sehr einladend, somit war die Enttäuschung nicht all zu groß, da wir auf Grund des kürzlich wütenden Sturmes der vergangenen Tage und dessen Hinterlassenschaften in der Vegetation von der geplanten Route abweichen mussten und uns einen gemütlichen Biergarten als Ersatzziel wählen “mussten”. Bei unserer Rückkehr wurden uns dann die Räumlichkeiten gezeigt und die Zimmer aufgeteilt. Ich war von der Modernität und der Ausstattung im Haus Overbach sehr überrascht und habe mich in unserer Unterkunft für die nächsten 6 Tage sehr wohl gefühlt. Sehr beeindruckend und faszinierend wirkte auf mich ebenfalls die Information, dass das Haus Overbach, die Schule und das anliegende Science College von einem Abt finanziert werden. Das ganze Gelände entpuppte sich als wesentlich größer als es zunächst den Anschein machte. Der architektonische Leiteindruck des gesamten Areals war geprägt von einem gelungenen und symbiotischen Zusammenspiel von Historie und Moderne. Das Frühstück und das Abendessen sollten wir für die nächsten Tage in einem alten Teil des Klostergebäudes gemeinsam zu uns nehmen. Die Atmosphäre war behaglich, die Mahlzeiten reichlich und schmackhaft. Unser erster Tag, sowie alle folgenden während unseres Aufenthaltes in Jülich, wurden in einer gemeinsamen Abschlussrunde in einem für uns speziell für ProMiNat reservierten Seminarraum beendet. Entlassen wurden wir mit reichlich spannenden Informationen für die kommende Woche und den Erwartungen der Anderen für die nächsten Tage. Am Montag, den 23.06.2014 sind wir gemeinsam nach dem Frühstück zum ersten Mal zum Forschungszentrum gefahren. Schon während unserer Fahrt zum Julab (Schülerlabor des Forschungszentrums Jülich) habe ich einen ersten Eindruck von dem gewaltigen Ausmaß und der Komplexität des Geländes bekommen. Im Julab wurde uns zunächst ein ausführlicher Präsentationsfilm über das FZJ vorgeführt, in welchem das gesamte Forschungsspektrum und die interdisziplinären Möglichkeiten, sowie die Bedeutung der Gesamtarbeit für die Gesellschaft von heute und von Morgen des FZJ ansatzweise vorstellbar wurden. Anschließend wurden wir von Herrn Müller und Frau Willms über organisatorische Dinge, wie u.a. die Komplexität der Kantine und Tricks und Tücken zum Erlangen des gewünschten Gerichtes belehrt. Abschließend bekamen wir durch Herrn Ehlers noch eine sehr ausführliche Sicherheitsunterweisung für den Aufenthalt auf dem Gelände. Im Folgenden bestätigten sich meine ersten Eindrücke, welche ich bei der Ankunft im FZJ bereits hatte, während einer Führungstour auf dem Gelände. Auf der Tour haben wir einige Institute besichtigen dürfen und wurden von den Wissenschaftlern und Technikern in den Instituten herzlich empfangen. Um uns Besuchern einen Eindruck von der jeweiligen Arbeit bzw. den Projekten zu ermöglichen, wurde uns vieles im Detail bzw. explizit in den Forschungsbereichen gezeigt. Alle unsere Fragen wurden ausführlich und anschaulich beantwortet. Ein insgesamt sehr aufregendes und faszinierendes Erlebnis, prägnante Grundlagenforschung unserer Zeit hautnah erleben zu dürfen. Nach unserem gemeinsamen Mittagessen im Casino wurden wir dann von unseren jeweiligen Institutsbetreuern abgeholt und in die Institute geleitet. Hier war meine Spannung auf einem Hochpunkt angelangt und tausend Fragen schossen mir durch den Kopf ...Wie ist die Arbeit im Labor? Wie sind die Leute dort? Kann ich mit meinem naturwissenschaftlichen Wissensstand im Institut anknüpfen, oder werde ich gleich nur Hieroglyphen verstehen? Welche Aufgaben warten auf uns.....

Ich sollte direkt im Anschluss eine ausführliche Antwort auf meine Fragen erhalten.... Wir wurden sehr herzlich von unseren Betreuern, Dipl.-Biol. Michael Vogt, Nicolai Kallscheuer, M.Sc., und Andreas Küberl, M.Sc., und allen Mitarbeitern, die uns begegneten, empfangen und aufgenommen. Nach einer kleinen Abklärung unseres Wissensstandes und unserer Interessen haben wir eine sehr ausführliche und höchst interessante Rundführung und Einführung in das Institut IBG-1 genossen. Zu Beginn der Rundführung wurden uns die momentanen Forschungsschwerpunkte des Institutes beschrieben. Ein interdisziplinäres Team der Forschungseinrichtung beschäftigt sich unter dem Slogan “Vom Gen zum Produkt” mit Hilfe von bestimmten Mikroorganismen (primär S1-Bakterien wie Escherichia coli und Corynebacterium glutamicum) und spezifischer, isolierter Enzyme damit, durch Klonierungen den Metabolismus so zu leiten, dass unterschiedlichste Bioprodukte synthetisiert werden können. Beispielhaft für ein solches erfolgreiches Endprodukt sei Glutamat oder die Biosynthese diverser anderer Aminosäuren wie Lysin. Während der anschließenden sehr detaillierten Führung durch das Laborgebäude und einer Einführung in die Sicherheit und der Arbeits- und Gebäudestruktur war ich von der Ausstattung und der Bandbreite der Möglichkeiten dieses Institutes quasi erschlagen und gefüllt von Lust, Freude und Erwartung auf die folgenden Tage. Mit der Ankündigung, welche Tätigkeiten uns am folgenden Tag erwarten sollten, beendeten wir unseren ersten Tag im Labor. Mit der Abschlussrunde, während welcher wir den Tag gemeinsam und jeder für sich resümierten, beendeten wir den Tag. Am Dienstag, den 24.06.2014 brachen wir nach dem gemeinsamen Frühstück zu den Instituten auf. Nachdem wir mit Laborkitteln ausgestattet worden waren, wurde ich direkt in die “Kunst des Pipettierens” eingeführt – eine Basistätigkeit, von welcher ich in den kommenden Tagen noch häufiger Gebrauch machen sollte. Schon während des Pipettierens wurde mir nach und nach bewusst, wie klein in der Molekularbiologie klein ist ... Mengenangaben, welche man quasi bisweilen nur theoretisch abgelesen hat, wurden nun in der Praxis sichtbar. Anschließend durfte ich mit Herrn Kallscheuer meine erste Plasmid- Isolation durchführen. Ein relativ zeitaufwändiges Verfahren, welches im Laufe der Woche mehrfach wiederholt und zum Schluss relativ eingespielt und ertragreich zu bewerkstelligen war. Darauf folgend führten wir gemeinsam eine Kontrollrestriktion durch (mittels speziellen Restriktionsendonucleasen, welche spezifische Basenabfolgen erkennen und schneiden). Der Vormittag wurde mit einem institutsinternen Übungsvortrag von Herrn Titz beendet, welchem ich beiwohnen durfte. Der Vortrag behandelte die neuesten Erkenntnisse, nach welchen sich ein bestimmtes Membranprotein aus Corynebacterium glutamicum charakterisieren lässt. Am Nachmittag durfte ich unter Anleitung einen sog. PCR-Mastermix zusammenstellen, um eine anschließende PCR („Polymerase Chain Reaction“) zur Vervielfältigung von DNA mittels eines spezifizierten Enzymes (Taq-Polymerase) durchführen zu können. Während die vorbereitete PCR vollautomatisch geregelt in einem Thermocycler ablief, wurde mir bereits schon ein weiteres High-Tech Gerät präsentiert, das sog. Photometer, ein Instrument zur Messung von Lichtabsorption. Mit Hilfe des Photometers ist es möglich, die Konzentration (in diesem Fall die Zelldichte einer Bakterienkultur) anhand der optischen Dichte in einem Medium zu bestimmen und somit Aufschluss und Erkenntnis über die Wachstumsrate, Verdopplungszeit und die Wachstumsgeschwindigkeit eines Bakteriums zu erhalten. Im weiteren Verlauf des Nachmittags haben wir eine Gel-Elektrophorese durchgeführt. Bei dieser Methode werden mittels einer Spannung innerhalb einer Pufferlösung DNA- Fragmente nach ihrer Größe aufgetrennt. Bei einer angelegten konstanten Spannung bewegen sich DNA-Fragmente unterschiedlicher Größe getrieben durch ihre negative Ladung mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten durch die Gelporen. Große Fragmente bewegen sich langsamer und absolvieren dadurch eine kürzere Wanderungsstrecke als kleine Fragmente.

In unserem Beispiel wurden im Vergleich von sog. Testmarkern DNA - Proben eines Wildtyps und einer Mutante miteinander verglichen. Spannend und äußerst interessant ging es dann damit weiter, dass wir Vorkulturen für Plasmidpräps angesetzt haben. Mit einer kleinen Crash-Einführung in das Programm Clone Manager, welches so zu sagen DIE Software für den Molekularbiologen ist, endete mein zweiter Tag im Labor. Im Laufe der Woche habe ich weitaus mehr Verfahren und Techniken kennengelernt... - Wir haben mit dem optischen Spektrometer (Nanodrop genannt) gearbeitet, durch welchen sich z.B. Aussagen zur DNA - Konzentration einer Probe (UV- Absorption bei einer Wellenlänge von 280 Nanometern) gewinnen lassen. - Durch Herrn Küberl habe ich eine sehr detailliert aufgebaute Lehreinheit über Wachstum und die Abhängigkeiten von Wachstum und spezifischer Nährmedien in Theorie und Praxis genossen mit anschließender - Vorstellung des BioLectors, einem wunderbaren Gerät, das es ermöglicht, mehrere gleichzeitig parallel angelegte Versuchskulturen, anhand einer online- Dokumentation genau beim Wachsen unter verschiedensten Bedingungen zu beobachten und miteinander zu vergleichen. Aus diesem haben wir eine Versuchsreihe entnommen und sie mittels einer photometrischen Untersuchung auf die Wachstumseffizienz in verschiedenen Medien untersucht, um Rückschlüsse über die spezifischen, optimalen Bedingungen von E. coli, bzw. C. glutamicum zu erhalten, bzw. eine Charakterisierung nach einer Gendeletion mittels der Kultivierung zu ermitteln. Der zweite Tag im Labor repräsentiert im Wesentlichen den Arbeitsablauf und die Eindrücke der Praktikumswoche, auch wenn ich im Laufe des Praktikums noch wesentlich mehr Einblicke in diverse Tätigkeiten bekommen habe und dieser eine Tag natürlich nicht das ganze Tätigkeitsspektrum abdeckt, soll er als Einblick in meinen Laboralltag als Praktikantin fungieren. Das Rahmenprogramm bestand weiterhin aus einer Vorstellung der Zentralbibliothek des FZJ und einem interessanten Vortrag über Informationskompetenz durch Herrn Arndt am 25.06.2014, sowie einer später anschließenden gemeinsamen Besichtigung des Science Colleges. Das Science College ist ein hochmoderner, energieeffizienter Komplex mit einer individuellen und komplexen Ausstattung in Architektur, Interieur und Lerninventar für Lehrer und Schüler. Am Freitag, den 27.06.2014, nahm unsere Gruppe noch an zwei interessanten Führungen teil. Zum einen “Roboter in der Pflanzenforschung” im IBG-2. Dieses Institut beschäftigt sich unter anderem mit der automatisierten Phänotypisierung, hauptsächlich von Nutzpflanzen, und versucht, das Wechselspiel zwischen Umwelt und Erbgut zu beleuchten. Die Versuche und angewendeten Technologien sind sog. Schlüsseltechnologien, um die Wirtschaftlichkeit und den Ertrag von Nutzpflanzen in Abhängigkeit von Wasser und Klima zu optimieren. Zum anderen haben wir “Cosy” besichtigen dürfen. Das Institut für Kernphysik (IPK) um Cosy (als Speicherring und Synchrotron mit Strahlkühlung) beschäftigt sich mit der Grundlagenforschung in der Hadronen-, Teilchen- und Kernphysik. Ein riesiger und überwältigender Komplex aus einem Labyrinth von Kabeln und Technik, welche zu einer tiefen Bewunderung über die klugen Köpfe gelangen lässt, welche Meister und Erschaffer solch einer Spitzentechnik sind. Entspannende Abwechslung haben weiterhin ein gemeinsamer Grillabend und ein gemeinsamer Fußballabend, sowie ein Sommerfest in meinem Institut gebracht. Mein Fazit für diese Woche: Die Praktikumswoche im Rahmen von ProMiNat war sehr lehrreich und spannend. Sehr gut hat mir gefallen, dass ich in meinem Institut in die alltägliche Laborarbeit eingebunden worden bin. Ich durfte die Praxis und den Alltag in einem biotechnologischen Labor unverfälscht kennenlernen; theoretisches Wissen konnte ich während der Praktikumswoche nicht nur erweitern, vielmehr hat sich aus bisher erlernter Theorie und Umsetzung in die Praxis sozusagen der Kreis für mich geschlossen. Dieser Aspekt und meine Erfahrungen und Einblicke während der Woche haben mich aus meiner Ambivalenz Molekularbiologie vs. Medizin gelöst. Die zahlreichen Einblicke während meines Praktikums haben sich zu einem tiefen Wunsch gefestigt, innerhalb eines Forschungsbereiches mit molekularbiologischem Schwerpunkt tätig zu sein und meine Motivation für den Weg dorthin potenziert.